Neue DGUV-Information zur Arbeit an Hochvolt-Fahrzeugen

An Fahrzeugen mit HV-Systemen sicher arbeiten

Die bisherige Basis für die Hochvoltausbildung stammte aus dem Jahr 2012. Die neue DGUV-Information 209-093 wurde von der DGUV in Kooperation mit dem Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) unter Einbeziehung von Automobilherstellern/-importeuren, -zulieferern sowie weiterer Verbände (u.a. ZKF) erarbeitet. Besser abgestimmt auf die Arbeit in der Kfz-Werkstatt regelt sie unter anderem, wie in Kfz-Werkstätten auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung das sichere Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen organisiert werden kann und die notwendigen Qualifizierungen der Mitarbeiter.

Fragen, die sich in Werkstätten für Arbeiten an E-Fahrzeugen auftun, sind vielseitig. Wer darf in der Werkstatt welche Arbeiten erledigen, was gilt es zu beachten. Für sicheres Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen wurde die DGUV-Information 209-093 „Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen“ veröffentlicht – sie ersetzt die DGUV-Information 200-005 von 2012. Damit steht Kfz-Betrieben eine praktische Handlungshilfe zur Seite, um das sichere Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen in Servicewerkstätten zu organisieren.

Der ZDK konnte erreichen, dass die Anforderungen von Kfz-Werkstätten umfassend berücksichtigt und weiter konkretisiert wurden. Die Information gilt für alle Kfz-Betriebe, in denen Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen durchgeführt werden, und ermöglicht dem Betrieb die notwendigen Qualifizierungen der Mitarbeiter für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen zu bestimmen. Darüber hinaus sind die Mindestanforderungen der jeweiligen Qualifizierung für Mitarbeiter festgelegt, die im Betrieb an Fahrzeugen mit HV-Systemen arbeiten sollen. Zu den Tätigkeiten zählen grundsätzlich auch Arbeiten an Auf- und Anbaugeräten, die direkt mit dem HV-System verbunden sind.

Zwei wesentliche Änderungen sind berücksichtigt – es wird nicht mehr direkt zwischen HV-eigensicheren und nicht HV-eigensicheren Fahrzeugen unterschieden, da der Ablauf zur Freischaltung gleich ist. Mit dem neuen Stufenmodell haben Betriebe Klarheit darüber, welche Qualifizierungen und Unterweisungen für Arbeiten an Serienfahrzeugen notwendig sind.

Das Stufensystem

Für die Qualifizierungen nach den Stufen S und 1S ist jeweils eine Unterweisung notwendig.

Für das reine und sichere Bedienen von HV-Fahrzeugen ist es ausreichend, die Mitarbeiter für die Gefahren des HV-Systems zu sensibilisieren (Stufe S – Sensibilisierung) – mit einer Unterweisung zu möglichen Gefahren, dem bestimmungsgemäßen Gebrauch und zu beachtende Besonderheiten entweder durch den Unternehmer, einer Fachkundigen Person Hochvolt (FHV) oder durch eine Fachkundig unterwiesene Person (FuP). Zur Bedienung zählen auch kleinere Servicearbeiten wie der Wechsel von Scheibenwischblättern, das Auffüllen von Wischwasser oder die Innen- und Außenreinigung der Fahrzeuge –  insbesondere im Motorraum gilt immer „Hände weg von orange“.

In der Stufe 1S (FuP) dürfen Fachkundig unterwiesene Personen alle allgemeinen mechanischen und elektrischen Tätigkeiten (am Bordnetz) von HV-Fahrzeugen ausführen, die nicht das HV-System oder HV-Komponenten betreffen. Dazu zählen beispielsweise Karosseriearbeiten, Öl- und Radwechsel oder Arbeiten an der konventionellen Bremsanlage oder am konventionellen Bordnetz. Auch hier gilt, gerade in der Nähe von HV-Leitungen, „Hände weg von orange“. Die Fachkundig unterwiesene Person (FuP) muss vorher von einer Fachkundigen Person Hochvolt (FHV) zu möglichen Gefahren, den notwendigen Schutzeinrichtungen und Schutzmaßnahmen bei Arbeiten an HV-Fahrzeugen unterwiesen werden – dazu sind 90 Minuten vorgegeben.

Als Fachkundige Person ist der Mitarbeiter in der Stufe 2S bereits dazu qualifiziert, ein Fahrzeug spannungsfrei zu schalten und an Hochvoltsystemen und -komponenten im spannungsfreien Zustand zu arbeiten.

Kfz-Mechatroniker bereits qualifiziert

Mit einer abgeschlossenen Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker ab 2013 ist der Mitarbeiter bereits zur Fachkundigen Person für Arbeiten an Hochvoltsystemen im spannungsfreien Zustand (Stufe 2S) qualifiziert. Die Basis für diese HV-Arbeiten wird also bereits durch eine fundierte Ausbildung gelegt.

Geht es dagegen ans Eingemachte und müssen Arbeiten an unter Spannung stehenden HV-Systemen oder Akkus erledigt werden, greift die Qualifizierungsstufe 3S. Diese Tätigkeiten dürfen nur von Fachkundigen Personen für Arbeiten an unter Spannung stehenden HV-Systemen (Stufe 3S) durchgeführt werden. Für ausgebildete Kfz-Mechatroniker mit dem Ausbildungsschwerpunkt „System- und Hochvolttechnik“ ist die Qualifikation 3S bereits erfüllt. Bei diesen Arbeiten sollte eine zweite Person, mindestens der Stufe 1S und ausgebildet in Erster Hilfe, die Arbeiten unterstützen.

Wichtig für Kfz-Werkstätten

Bereits bisher erworbene HV-Qualifikationen behalten ihre Gültigkeit. Bundesweit sind bereits über 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Kfz-Betrieben qualifiziert worden. Die/der bisherige Fachkundige für HV-eigensichere Systeme entspricht der Fachkundigen Person für Arbeiten an Hochvoltsystemen im spannungsfreien Zustand (FHV).

Die Akademie Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (TAK) wird die Schulung nach dem neuen Stufenmodell zur Qualifizierung in Kürze fertigstellen.

Im Berufsbildungszentrum der Kfz-Innung werden die Schulungen nach dem neuen Stufenmodell zur Qualifizierung 2S und 3S nach den TAK-Vorgaben voraussichtlich im Laufe des 4. Quartals 2021 begonnen. Bis zur Umstellung führen wir für Sie weiterhin die Lizenzkurse

  • HV I - Fachkunde für Arbeiten an HV-eigensicheren Systemen (neu: Fachkundige Person – FHV (Stufe 2S) für Arbeiten an HV-Systemen in spannungsfreiem Zustand)
  • HV II - Fachkunde für Arbeiten an nicht HV-eigensicheren Fahrzeugen sowie Arbeiten unter Spannung und an HV-Energiespeichern (neu: Fachkundige Person (Stufe 3S) für Arbeiten an unter Spannung stehenden HV-Systemen)

in der für Sie gewohnten Form fort –  diese behalten auch weiterhin ihre Gültigkeit. Aktuelle Termine für diese Schulungen finden Sie hier.

Regelmäßig schulen und unterweisen

Für alle Mitarbeiter gilt – Fachkenntnisse der Mitarbeiter sollten durch regelmäßige Teilnahme an Schulungen auf aktuellem Stand gehalten werden. Auch Unterweisungen für die Stufen S und 1S müssen immer wiederholt werden, wenn an neuen HV-Fahrzeugtypen oder an Fahrzeugen mit neuen HV-Systemen oder HV-Komponenten gearbeitet werden soll.

Diese Unterweisungen entbinden den Betrieb jedoch nicht von der Pflicht der wiederkehrenden Unterweisung, die gesetzlich gefordert ist. Danach müssen die Beschäftigten auch weiterhin Anweisungen und Erläuterungen zum Arbeitsplatz und zum Aufgabenbereich für die sichere Arbeit erhalten. Arbeitgeber müssen ihre Beschäftigten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit und danach mindestens jährlich ausreichend in Sicherheit und Gesundheit unterweisen.

Für eine weiterführende Beratung nutzen Sie gerne Ihre zuständige Fachkraft für Arbeitssicherheit, selbstverständlich stehen Ihnen auch die Experten für Arbeitssicherheit der Innung zur Verfügung.

Um auch den Kunden deutlich und sichtbar nach außen zu zeigen: Sie sind Experten für Elektro- und Hybridfahrzeuge und sein Fahrzeug ist bei Ihnen in den richtigen Händen, lohnt sich eine Zertifizierung durch den Bundesinnungsverband als Fachbetrieb für Hybrid- und Elektrofahrzeuge oder, wie es unter dem künftigen Label heißen wird: eCar-Service. Das Thema „Wir können auch E-Auto“ setzen wir in der nächsten Ausgabe fort.